Redesign of the Berlin Café "Bierhimmel"

Oranienstraße 183

10999 Berlin-Kreuzberg

The Café has been sold in 2015 and the interior has been destroyed.

Café Bierhimmel is a popular meeting-place in the Oranienstrasse quarter of Berlin’s Kreuzberg district. Frequented by people from the neighbourhood as a communal living room, it also serves as a warm-up venue for the late-night clubbing scene at the weekend. Restyling the café gave me an opportunity to design new wall lamps and tabletops. The motifs of the “inlaid pictures” in the front room reflect the varied impressions that might strike a café visitor, like a cinematic kaleidoscope of scenes observed in the street through the “screen” of the café’s large window, or the fleeting images glimpsed as one casually leafs through a magazine.

Wolf von Waldow, 2010

 

Article in architecture magazine AIT (6/2010)

 

Pressinformation in german – Download

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Article Tagesspiegel 12.3.2010

no english translation available

Endlich wieder Tränentorte 

Wunder gibt es immer wieder. Heute oder morgen können sie geschehen, wusste schon Katja Ebstein. In diesem Fall dann doch heute. In Kreuzberg macht in der Oranienstraße 183 am heutigen Freitag der viel geliebte Bierhimmel wieder auf. Café, Kneipe, Bar und Treffpunkt. Obwohl noch kein Schild drüberhängt und drinnen noch gehämmert wird, ist die gute Nachricht tags zuvor schon rum in der Nachbarschaft: An der Eingangstür klebt ein kleiner Zettel: „Hurra!“ hat einer draufgekritzelt.

Das schnitt ins Herz, als der Bierhimmel am Jahresende dichtmachte. Alt- Kreuzberg war geschockt. Nicht nur der schwullesbischen Fraktion, deren Treffpunkt das Café an die zwanzig Jahre war, sondern auch den Studenten, Kieznachbarn, allen, deren Wohnzimmer am Nachmittag oder Vorglühstation am Abend der unaufgeregte, familiäre Laden ohne Laptops war . Zumal zeitgleich auch noch ein anderer Treff für Menschen mit Tagesfreizeit, das „Café Jenseits“ am Heinrichplatz zusperrte. Gemunkelt wurde von gestiegenen Mietpreisen, Gentrifizierung und den üblichen Kapitalisten-Schweinereien. Dabei hatte im Falle des Bierhimmels die für ihren spröden Charme bekannte Wirtin Claudia Ullmann einfach keine Lust mehr auf den Schuppen.
„Der Hausverwalter ist ein ganz Lieber“, sagt denn auch Christian Raschke, der neue Wirt des Bierhimmels. Raschke ist 52, gelernter Fahrlehrer, lebt seit 25 Jahren in Kreuzberg und gehört zu den Leuten, die den Bierhimmel nachmittags besuchten. Wegen der Torten. Kein Laden auf der Oranienstraße hat besseren, selbst gebackenen Kuchen. Die Pacht hat ihm der Verwalter auf der Straße angeboten. Raschke, der Glatzkopf mit der St.-Pauli-Kappe, ist bekannt im Kiez. Er betreibt die Konzertkasse KoKa 36 und den T-Shirt-Laden Fantastic an der Ecke Adalbertstraße. Mit dem Bierhimmel wachsen sich seine Geschäfte langsam zum Imperium à la Kreuzberg aus. Raschke verdreht die Augen und begrüßt erst mal einen Handwerker. Auch ein Kumpel, logo. Von Begriffen wie Pate oder Imperium hält er gar nichts. Davon, dass Kreuzberg bezahlbar bleiben muss, umso mehr. Seine Lokalmiete – rund 2000 Euro für 140 Quadratmeter – ist dieselbe wie vorher, ein dickes Stück Tränentorte, der Renner im alten Bierhimmel, soll weiter 2,60 Euro kosten.
Nach der duftet es hinten in der Küche schon. Bettina, grau melierter Zopf und weiße Schürze, buk die Torten im alten Bierhimmel, jetzt backt sie sie im neuen. Das Personal ist dasselbe geblieben. Auch die Mädels, die den neuen, wuchtigen Tresen einräumen, kellnern schon jahrelang hier. Wegen der alten Kreuzberger Mischung. Ohne das Lokal wussten viele in den letzten Monaten gar nicht wohin, sagen sie. „Der Bierhimmel war eben immer der Bierhimmel“, lautet ihre sibyllinische Ortsbeschreibung.
Wolf von Waldow, der Künstler, der die Tapeten, Lampen und Tische des deutlich aufgehübschten Lokals gestaltet hat, musste weinen, als der alte Bierhimmel schloss. Immerhin hat er dort seine Hochzeit gefeiert. Und: „Kuchen ist mein Hobby.“ Komisch, auch im neuen Bierhimmel reden immer alle von der Torte statt vom Bier. Beherzt umgestaltet hat er seine verfrüht verloren geglaubte Heimat trotzdem: Außer der L-Form, Raucherlounge und Mosaikfußboden sieht nichts mehr nach dem alten, abgewohnten Lokal aus. „Kreuzberg hat sich ja auch verändert in den letzten 20 Jahren“, sagt von Waldow.
So sieht das auch Christian Raschke, dem der eigene Laden noch zu neu und zu schick aussieht. „Aber das ändert sich ja von selber“, sagt er und hofft auf das alte, ausgewiesen tolerante, und auch auf neues Publikum. Gut möglich, dass der Bierhimmel bald wieder nachmittags das Wohnzimmer und abends die Vorglühstation der Oranienstraße ist. Alt-Kreuzberg kann jedenfalls kurz aufatmen. Wunder geschehen. Auch wenn es ein Neu-Kreuzberger Wunder ist.
(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 12.03.2010)