Es de una buena famiglia
Installation im ehemaligen Handelshaus der Familie Canettis in Russe/Bulgarien
Papier, teilw. laminiert; Goldpapier; Wildkräuter; Pflaster
Die Installation entstand im Rahmen des Process Space Art Festivals in Russe/Bulgarien, zu dem ich im Juni 2016, zusammen mit 50 weiteren Künstlern aus der ganzen Welt, eingeladen war. Meine eigene Arbeitsvorgabe war: "Handarbeit" - also losgelöst von Computer und Kopiergeräten zu arbeiten und nur mit Materialien, die ich unmittelbar vor Ort bekommen konnte.
Mein Arbeitsplatz befand sich im ehemaligen Handelshaus der Familie von Elias Canetti (1905-1994). In seinem autobiographischen Buch "Die gerettete Zunge" beschreibt er, wie faszinierend für ihn als Kind dieses Haus voller merkwürdiger Waren und Gerüche war. Die Arbeit nutzt bewusst die Raumsituation im Gegenlicht zwischen zwei Fenstern. Die kleinen Streifen aus Goldpapier, die ich zwischen die Ritzen der rohen Ziegel gesteckt habe, schimmern aus dem diffusen Dunkelrot der Wand hervor.
Mit den Worten "es de buena famiglia" zitiert Canetti seine Mutter, die aus einer alten, reichen, sephardischen Familie stammte, und zeitlebens auf die neureiche, ebenfalls sephardische Familie ihres Mannes herab sah. An diesem Beispiel macht er deutlich, welch zentrale Rolle selbst innerhalb einer so kleinen Gesellschaftsgruppe, wie den "spaniolischen" Juden von Russe, die soziale Differenzierung spielt und damit die Frage nach dem Dazugehören oder Ausgeschlossensein. "Integration" ist gerade ein besonders aufgeheiztes Schlagwort in der gegenwärtigen politischen Diskussion.
Ergänzt habe ich die Arbeit durch "Rekonstruktionen" aus laminiertem Papier am historischen Balkongeländer des Hauses. Sie schaffen einen Bezug zwischen dem Inneren und dem in Sichtweite stehenden Denkmal eines Bulgarischen Nationalhelden, der gerade seine Pistole zum Schuss erhebt.
Handelshaus Canetti in Russe, erbaut 1898 |
Denkmal Angel Kantschev in Russe |